Erwin Schrödinger: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Der Inhalt des Briefes ist hier wiedergegeben'''
'''Der Inhalt des Briefes ist hier wiedergegeben'''
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23 . / II. 1916
23 . / II. 1916
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wird und sie im schweren Feuer
wird und sie im schweren Feuer


hinaus müssen, um ihn zu  
hinaus müssen, um ihn zu flicken.
 
Da kann man oft so einen ein-
 
fachen, schlichten Bauern oder Handwerker
 
bewundern. Da gibt's kein Zögern
 
oder erst auf den Befehl warten.
 
Wenn er im Telefon keine Antwort
 
mehr bekommt, steht er auf, nimmt
 
sein Werkzeugtaschel und geht - geht
 
reparieren - oder geht vielleicht, um
 
in 5 Minuten mit herausgequollenen
 
Eingeweiden auf dem Gras zu liegen.
 
Am meisten imponiert es mir,
 
wenn man einem ansieht: das ist
 
nicht ein kühner junger Teufel, der
 
 
an die Gefahr gar nicht denkt; nein,
 
ein reifer, bedächtiger Mann mit
 
dem Trauring am Finger, der in
 
dem Augenblick ganz bestimmt die
 
drei herzigen Blondköpfe vor sich
 
sieht, die ihm nach dem kurzen Ur-
 
laub auf dem Bahnhof Abschied ge-
 
wunken haben, der in dem Augen-
 
blick ganz bestimmt denkt - alles
 
Mögliche denkt - alles das, was
 
eigentlich sein Leben ausmacht, wovon
 
aber doch nichts im Augenblick den
 
abgerissenen Telefondraht da draußen,
 
seinen Telefondraht, für den er ver-
 
antwortlich ist, an Wichtigkeit über-
 
treffen kann.
 
Ich kann dir aufrichtig sagen: ich
 
würde solche Sachen nicht glauben,
 
wenn man sie mir erzählte. Und
 
 
ich bin frohm daß ich sie erlebt habe.
 
Ich bin selbst natürlich, nach dem
 
landläufigen Ausdruck, vollkommen un-
 
gläubig und setze von dir das Gleiche
 
voraus, aber das begreife ich, daß
 
es auf einem solchen Gang eine
 
herrliche Gnade sein muß, sich mit
 
allen Kräften an seinen Herrgott an-
 
zuklammern, anstatt die absolute
 
Zusammenhanglosigkeit der Bewegungs-
 
impulse eines dahersausenden Geschoßes,
 
der zerberstenden Splitter und Steine
 
und eines da oder dorthin ver...
 
Menschen zu erkennen.
 
Man kann natürlich auch Fatalist
 
sein, in dem Sinne, daß man die
 
eigenen Willensentschließungen als
 
abhängig und notwendig bestimmt
 
durch die - von der Außenwelt wieder
 
notwendig bestimmten - Vorgänge des
 
 
eigenen Gehirns ansieht. Aber das
 
ist doch nur ein Selbstbetrug, weil
 
man ja weiß, daß man sich in
 
einem bestimmten Fall so oder so
 
entscheiden kann. Es heißt, die eigene
 
Persönlichkeit wegdenken, und das geht
 
eben nicht.
 
 
Ich hoffe, ich habe Dich nicht gar
 
zu lange gelangweilt. - Nochmals in-
 
nigsten Dank für Dein liebens-
 
würdiges Interesse - sowie für deine
 
liebe Gratulation, wo ich das "wohl-
 
verdient" zwar quittiere, aber nur
 
in der Bedeutung: es kriegen's ja
 
die Meisten, also warum der nicht
 
auch. - Von Deinen Lieben hoffe ich
 
- mangels anderer Nachricht - daß es
 
ihnen wenigstens leidlich geht. Daß
 
Anxel (Anm.: Dr.Alexander Hinterberger) recht krank war, erfuhr ich
 
 
freilich. Bitte grüße mir ihn und Tante
 
Natalie (Anm.: Natalie Hinterberger geb. Bauer), sowie Fritz Scheidlin, den du
 
wohl öfters siehst, herzlichst.
 
Ich lege noch ein paar Bilder bei,
 
die ich gerade auf Lager habe - das


meiste sende ich ja gleich fort. Hoffent-


lich findest du das "Selbstportrait" auch


im Sinne Deiner Ausstellungen ver-


bessert (ich hatte ein Fenster zur Lin-


ken und eines vor mir).




Sei herzlichst gegrüßt


von Deinem Erwin.




.."




Soweit dieser Brief von Erwin an Hugo.





Version vom 9. Juni 2015, 18:05 Uhr

Biographische Notizen zu Erwin Schrödinger

  • Anlässlich einer Vielzahl an biographischen und fachspezifischen Berichten in unterschiedlichen Medien und Literatur, erschiene es an dieser Stelle beinahe "obsolet" über Erwin Schrödinger eine weitere Zusammenfassung zu seiner Person oder zu seinem fachlichen Wirken zu schreiben.
In dieser Arbeitssammlung des "Familien-Wiki's" jedoch, wäre vorwiegend der Bezug zu seiner näheren und etwas weiter entfernteren Familie herzustellen.
Damit ergibt sich hier eher nur eine bescheidene Ergänzung gegenüber einer Fülle an mehr oder weniger öffentlich zugänglichen Schriften über Erwin Schrödinger.





Familie

  • Erwin Schrödinger wurde seinen Eltern Georgie geb. Bauer und Rudolf Schrödinger am * 12. August 1887 in Wien-Erdberg geboren.
  • Sein etwas bekannterer Großvater, der Chemiker Dr.Alexander Bauer, war Erwin's Taufpate.
  • Unter anderem aufgrund Georgie's relativ fragiler Gesundheit, fand Erwin in seiner Tante Minnie Bamberger geb. Bauer (Georgie's Schwester) eine sehr nahestehende Obsorge.
..
  • ..




Erwin Schrödinger schrieb Hugo Hinterberger per Feldpost am 23.2.1916

  • Es liegt ein Brief (Feldpost) vor, den Erwin an seinen "Großcousin" Hugo Hinterberger geschrieben hatte.
Diesem Brief hatte er ein paar selbst erstellte Fotos beigelegt und einige Zeilen zu seiner Fotographie- und hiesigen Fotoentwicklungs-Erfahrung berichtet.
Es finden sich darin aber aber einige Anmerkungen zu seiner Situation als Soldat vor Ort.

(pdf-attachment)


Der Inhalt des Briefes ist hier wiedergegeben


"..

23 . / II. 1916


Lieber Hugo!


Sei herzlichst bedankt für deinen

lieben Brief vom 20. /II. . Ich hatte

schon lange vor, Dir zu schreiben

und für dein liebenswürdiges

Anerbieten zur Hilfe mit Rat

und tat zu danken, das mir

Mama übermittelte - nun bist

du mir aber zuvorgekommen.

Deine Bermerkungen sind mir um-

so wertvoller, als sie zum größten

Teil meine Selbstkritik bestätigen.

Es passiert mir meistens, daß ich

unterexponiere. Aber es ist nur aus


technischen Gründen schwer, das durch

die Entwicklung zu korrigieren: wenig

Platz, wenig Schalen - und dann bin

ich ein frühes L - - und entwickle

immer den ganzen Streifen in

einem. In deiesm Falle wäre

wohl Standentwicklung des beste, aber

die Tröge sind voluminös und brauchen

- der Masse nach - viel Entwickeler.

Anderer kann ich mich doch nicht ent-

schließen, die Films heimzuschicken

und in Wien entwickeln zu lassen,

weil ich viel zu neugierig bin.

Du gebrauchst den Ausdruck "zu

dünn entwickelt". Um in einem

bestimmten fall dem vorzubeugen,

wäre der Entwickler zu verdünnen

und länger zu entwickeln? Stimmt

das?


Vergrößerungen will ich unbedingt von

den besseren Bildern machen lassen.

ein so kurzbrennweitiges Objektiv hat

ja eigentlich recht einen Witz im Hin-

blick auf die Vergrößerungen. Ich möchte

sie dann seiner Zeit selber machen,

wir sind ja im Institut für alles

das vollkommen eingerichtet. 18 x 18

dürfte sich wohl am meisten em-

pfehlen, da die "vergrößerte Brenn-

weite" (3 x 7,5 = 22,5) dann an-

nähernd der deutlichen Sehweiten

gleich wird. -

Sehr leid hat es mir getan, daß

ich den 20. Februar nicht mit in

Eurem Kreise verleben konnte. Ich

freue mich so, daß unser lieber

Papa Bauer seinen "Achzigsten" in

so vollkommener Frische und Gesundheit


begehen konnte. Wenn er auch selber

manchmal schimpft, es gibt doch viel

mehr, denen es um diese Zeit -

wenn sie sie überhaupt erreichen -

weit schlechter geht, als solche, denen

es besser geht. Sehr gefreut hat mich

sein Ehrendoktorat, weil es ihm

selber gewiß Freude gemacht hat.

Du wirst in einem "Feldpostbrief"

doch auch einiges sozusagen "Interessantes"

erwarten. Aber es gibt deren

wirklich wenig hier. Es ist ja ganz

angenehm in mancher Hinsicht. Gestern

wurden wir in der Batterie zwar

wieder einmal ordentlich beledert,

aber solange man im Unterstand

bleiben kann, macht das nicht viel,

besonders da uns fast jeder Schuß,


der fortkommt 20 - 30 Sekunden früher

telefonisch avisiert wird. Freilich für die

Telefonistens ist's oft kein Honiglecken,

wenn nämlich der Draht abgeschossen

wird und sie im schweren Feuer

hinaus müssen, um ihn zu flicken.

Da kann man oft so einen ein-

fachen, schlichten Bauern oder Handwerker

bewundern. Da gibt's kein Zögern

oder erst auf den Befehl warten.

Wenn er im Telefon keine Antwort

mehr bekommt, steht er auf, nimmt

sein Werkzeugtaschel und geht - geht

reparieren - oder geht vielleicht, um

in 5 Minuten mit herausgequollenen

Eingeweiden auf dem Gras zu liegen.

Am meisten imponiert es mir,

wenn man einem ansieht: das ist

nicht ein kühner junger Teufel, der


an die Gefahr gar nicht denkt; nein,

ein reifer, bedächtiger Mann mit

dem Trauring am Finger, der in

dem Augenblick ganz bestimmt die

drei herzigen Blondköpfe vor sich

sieht, die ihm nach dem kurzen Ur-

laub auf dem Bahnhof Abschied ge-

wunken haben, der in dem Augen-

blick ganz bestimmt denkt - alles

Mögliche denkt - alles das, was

eigentlich sein Leben ausmacht, wovon

aber doch nichts im Augenblick den

abgerissenen Telefondraht da draußen,

seinen Telefondraht, für den er ver-

antwortlich ist, an Wichtigkeit über-

treffen kann.

Ich kann dir aufrichtig sagen: ich

würde solche Sachen nicht glauben,

wenn man sie mir erzählte. Und


ich bin frohm daß ich sie erlebt habe.

Ich bin selbst natürlich, nach dem

landläufigen Ausdruck, vollkommen un-

gläubig und setze von dir das Gleiche

voraus, aber das begreife ich, daß

es auf einem solchen Gang eine

herrliche Gnade sein muß, sich mit

allen Kräften an seinen Herrgott an-

zuklammern, anstatt die absolute

Zusammenhanglosigkeit der Bewegungs-

impulse eines dahersausenden Geschoßes,

der zerberstenden Splitter und Steine

und eines da oder dorthin ver...

Menschen zu erkennen.

Man kann natürlich auch Fatalist

sein, in dem Sinne, daß man die

eigenen Willensentschließungen als

abhängig und notwendig bestimmt

durch die - von der Außenwelt wieder

notwendig bestimmten - Vorgänge des


eigenen Gehirns ansieht. Aber das

ist doch nur ein Selbstbetrug, weil

man ja weiß, daß man sich in

einem bestimmten Fall so oder so

entscheiden kann. Es heißt, die eigene

Persönlichkeit wegdenken, und das geht

eben nicht.


Ich hoffe, ich habe Dich nicht gar

zu lange gelangweilt. - Nochmals in-

nigsten Dank für Dein liebens-

würdiges Interesse - sowie für deine

liebe Gratulation, wo ich das "wohl-

verdient" zwar quittiere, aber nur

in der Bedeutung: es kriegen's ja

die Meisten, also warum der nicht

auch. - Von Deinen Lieben hoffe ich

- mangels anderer Nachricht - daß es

ihnen wenigstens leidlich geht. Daß

Anxel (Anm.: Dr.Alexander Hinterberger) recht krank war, erfuhr ich


freilich. Bitte grüße mir ihn und Tante

Natalie (Anm.: Natalie Hinterberger geb. Bauer), sowie Fritz Scheidlin, den du

wohl öfters siehst, herzlichst.

Ich lege noch ein paar Bilder bei,

die ich gerade auf Lager habe - das

meiste sende ich ja gleich fort. Hoffent-

lich findest du das "Selbstportrait" auch

im Sinne Deiner Ausstellungen ver-

bessert (ich hatte ein Fenster zur Lin-

ken und eines vor mir).


Sei herzlichst gegrüßt

von Deinem Erwin.


.."


Soweit dieser Brief von Erwin an Hugo.





Fotos oder Abbildungen von Erwin Schrödinger

Dr.Alexander Bauer (Chemiker), mit Enkel Erwin (Schrödinger);
Quelle, Bildnachweis: Emmy Krafack, geb. Bamberger
Dr.Alexander Bauer mit seinen Töchtern und deren Familien.
vlnr.: Rudolf Schrödinger, Erwin Schrödinger, Dr.Alexander Bauer, Rhoda (Arzberger), Dr.Hans Arzberger, Minnie(Bamberger) mit Tochter Helga, Georgie (Schrödinger), Dr.Max Bamberger
Quelle: Bruno Hinterberger
Rhoda Arzberger geb. Bauer mit ihrem Neffen Erwin Schrödinger in Dublin.
Quellenangabe: Urgroßtante von Andreas Krafack : Rhoda Arzberger mit Großonkel von Andreas Krafack : Erwin Schrödinger in Dublin…mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Andreas Krafack (Sohn von Emmy Krafack/Bamberger),
Copyright: Dr. J. Gerstenberg "Eirene", 25 Strand Road Sandymount, Dublin, Ireland (No 6514)
Erwin Schrödinger hatte in einem Brief (Feldpost) vom 23.2.1916 an seinen "Großcousin" Hugo Hinterberger Fotos bzw. Selbstportraits mitgesendet. Diese Bilder hatte Erwin nach Ratschlägen von Hugo selbst angefertigt und vor Ort entwickelt. Mit den Mitteln, die ihm an seinem militärischen Posten zur Verfügung gestanden waren, konnten diese und einige andere Fotos von ihm hergestellt werden und per Feldpost nach Wien gesendet werden.

Bild rechts unten: "Mein Zimmer in der Barakke",
Bild links unten: "Im Barakkenlager".
Erwin war zu diesem Zeitpunkt etwa 28 Jahre alt. Er war zu diesem Zeitpunkt im ersten Weltkrieg Soldat der "k.u.k. 12cm Marinebatterie".
Quelle, Bildnachweis: Bruno Hinterberger
Kuvert zum Brief (Feldpost vom 23.2.1916) von Erwin an Hugo Hinterberger
Quelle, Bildnachweis: Bruno Hinterberger